Besuch des NS-Dokumentationszentrum „EL-DE-Haus“ in Köln
Am 18. November 2021 besuchten wir, die Klasse 9c des PKG, im Kontext des Geschichtsunterrichts und in Begleitung unserer Geschichtslehrerin Frau Schlothauer und unserem Deutschlehrer Herrn Goecke das NS-Dokumentationszentrum „EL-DE-Haus” in Köln.
Das Gebäude, 1934/35 vom Gold-und-Uhrenhändler Leopold Dahmen (EL DE) erbaut, war ursprünglich als Luxusimmobilie mit Wohn- und Geschäftsbereichen gedacht. Allerdings beschloss die Geheime Staatspolizei (Gestapo), dass sich dieses Gebäude als geeigneter Standort für eine Gestapo-Zentrale anbot. Leopold Dahmen vermietete den noch unfertigen Rohbau an die Gestapo, und so wurden durch Zwangsarbeiter ab Dezember 1935 in den oberen Stockwerken Büro- und Diensträume und im Keller des Gebäudes Gefängniszellen errichtet .
Seit den 80er-Jahren beherbergt dieses Haus das NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln, in dem die Geschichte der Gestapozentrale und der nationalsozialistische Alltag Kölns zwischen 1933 und 1945 erforscht und dargestellt werden.
Der Rundgang bestand aus einer Führung durch die Dauerausstellung und den Häftlingszellen in den Kellerräumen. Die oben liegenden Räumlichkeiten sind so gestaltet, dass sie ein Unwohlsein verursachen. Die nackten Mauern sind mit einer Art von Farbe bestrichen, welche jene schmutzig aussehen lassen sollen, durch die Flecken, die sie verursacht. Der Boden, welcher sich in dem Dokumentations-und-Forschungszentrum befindet, soll an die Kellerräume und das Grauen dort erinnern. Ebenso sind die Glasscheiben der Fenster bewusst gewählt. Sie machen es einem unmöglich, hindurchsehen zu können, um die Situation, welche damals herrschte, anschaulicher darzustellen. Man fühlt sich somit eingeengt. Des Weiteren dienen sie dazu, dass man sich nicht von außen ablenken lassen kann, um sich auf das Geschehen im Inneren des Museums konzentrieren zu können.
Die Dauerausstellung „Köln im Nationalsozialismus“ behandelt das gesamte politische, gesellschaftliche und soziale Leben Kölns in der NS-Zeit: die Machtübernahme und den Machtapparat, Propaganda und „Volksgemeinschaft“, das Alltagsleben, Jugend, Religion, rassistische Verfolgung und den Völkermord an den Kölner Juden und an den Sinti und Roma sowie den Widerstand, den Krieg und die Kriegsgesellschaft. Es gab eine Vielzahl an Detailinformationen in Form von Fotos, Presseberichten, Originaldokumenten und Vieles mehr. Erschreckend und befremdlich waren die Ausstellungsstücke, die die Rassenideologie der Nationalsozialisten belegten: Über Abstammungstafeln oder Gesichts- und Schädelvermessungen wurden die Menschen in Rassen mit unterschiedlicher Wertigkeit eingeteilt. Der nationalsozialistische Idealtyp war demnach der „Arier“; als besonders „undeutsch“ wurden Juden, Sinti und Roma, „Asoziale“, Prostituierte, Alkoholiker, Homosexuelle und geistig Behinderte ausgegeben. In den oberen Stockwerken und ehemaligen Dienstzimmern des Hauses wurden uns die Funktionsweise und Ideologie des Nationalsozialismus erklärt.
Sinti und Roma leben seit Jahrhunderten in Europa. In ihren jeweiligen Heimatländern bilden sie historisch gewachsene Minderheiten. Sie selbst bezeichnen sich als „Sinti“ oder „Roma”. Als „Sinti“ werden die Menschen beschrieben, welche sich überwiegend in West-und Mitteleuropa angesiedelt haben. „Roma“ bezeichnet man die Menschen, die zumeist in ost- und südosteuropäischen Ländern leben. In anderssprachigen Ländern wird der Begriff „Roma” als Benennung für die gesamte Minderheit verwendet.
In den oberen Räumlichkeiten, welche anfangs als Wohnbereiche vorgesehen waren, veranschaulichte man uns die Situation aus der Sichtweise von Jugendlichen zu der damaligen Zeit. Zahlreiche Zeitzeugen berichten, sie hatten eine schöne Kindheit. Schon früh erkannte die NS-Führung ihre Zukunft in der damaligen Jugend, weswegen die Nachwuchsorganisation der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) gegründet wurde. Mit Angeboten wie Heimabende oder Fahrten lockte man die jungen Erwachsenen, in die Hitlerjugend einzutreten. Man vermittelte den Jugendlichen somit ein Gefühl von Gemeinschaft, Kameradschaft und vor allem Geborgenheit. Nach der NS-Machtübernahme im Jahr 1933 wandelte sich die Hitlerjugend durch das Verbot sämtlicher konkurrierender Jugendverbände von einer Parteijugend zur Staatsjugend. Die Mitgliedschaft, welche damals noch als freiwillig galt, änderte sich ab dem 25. März 1939 nach der Einführung der „Jugenddienstpflicht”, welche am 01. Dezember 1936 eingeführt wurde, in eine Zwangsmitgliedschaft. Nach dieser Einführung war nahezu jeder Jugendliche von 10-18 Jahre in Deutschland Teil der Hitlerjugend. Ebenso wurde in Schulen kleinen Kindern schnell beigebracht, sich gegen die Juden zu wenden, und die Jungen wurden schon früh damit konfrontiert, einmal Soldat zu werden. Sie rechneten damals mit Juden. Die Rechenaufgabe der Jungen lautete exemplarisch: „Wenn du 20 Juden vor dir siehst und 9 davon erschießt, wie viele Juden siehst du dann noch vor dir stehen?“ Die Aufgaben der Mädchen waren ein bisschen divergent. Sie sollten einmal Hausfrauen werden, darum hatten die Aufgaben von ihnen immer etwas mit dem Haushalt zu tun. Somit wurden die Kinder damals schon früh in eine gezielte Tendenz gelenkt, ohne dass sie es wahrnehmen konnten. Etwas Derartiges ist heute nicht mehr vorstellbar.
Nach dem Besuch der Ausstellung stiegen wir in den ehemaligen Zellentrakt um die eigentliche Gedenkstätte herum hinunter. In den Gefängniszellen waren damals Zwangsarbeiter und auch Widerstandskämpfer eingesperrt. In den meisten Fällen waren die Häftlinge auf völlig unbestimmte Zeit auf engstem Raum zusammengepfercht. Es gab keine Pritschen und auch keine Toiletten. Zweimal täglich durften die Inhaftierten den Toilettenraum aufsuchen. Ansonsten musste der in den völlig überbelegten Zellen stehende Blecheimer benutzt werden. Bei solchen Zuständen herrschte in den Zellen ein unerträglicher Gestank. Zudem konnten die bis über 30 Gefangenen pro Zelle nur schlafen, indem sie sich sitzend mit ihren Mithäftlingen arrangierten. Über 400 Gefangene wurden im Innenhof an einem Galgen hingerichtet. Viele Augenzeugen bekamen von ihren Wohnungen aus die Hinrichtungen mit.
In einigen der Zellen konnten wir zahlreiche deutsche, russische, ukrainische, polnische, französische oder niederländische Inschriften wahrnehmen, die uns sehr berührten. Diese wurden von den Häftlingen mithilfe eines Steines, eines Lippenstiftes oder eines Metallstückes, welches man fand, oder wahrhaftig mit den eigenen Fingernägeln an die Wände geschrieben oder geritzt, um Spuren ihrer Haft und ihres Aufenthalts zu hinterlassen. Die Inschriften der Gefangenen in den Häftlingszellen der Gestapo zeigen das ganze Unrecht, die Tragödien der einzelnen Schicksale und Grausamkeiten, die sie erleiden mussten. Spätestens hier wurde uns bewusst, dass es nicht eine Masse an Gefangenen war, die hier gequält und getötet wurde, sondern einzelne Personen mit ihren ganz eigenen Geschichten, Hoffnungen, mit ihrem eigenen Leben und mit ihren Ängsten. Das hat uns alle sehr bewegt und erschüttert. Die Inschriften sind heute konserviert und mit Glasplatten gesichert. Das ehemalige Hausgefängnis der Gestapo mit den erhalten gebliebenen Häftlingszellen und den Inschriften der Gefangenen erinnert am unmittelbarsten und eindringlichsten an die mit dem EL-DE-Haus verbundenen Schrecken der NS-Zeit. Es ist wichtig, so etwas einmal gesehen zu haben, da dieses Forschungszentrum die damalige Ideologie anschaulich darstellt.
Mia Beißner und Julia Paga, Klasse 9c